Günter Schock

Guenter Schock

„Ein Leben ohne Gott kann ich mir nicht vorstellen.“

1950 wurde ich als Jüngster unter sieben Geschwistern geboren. Ich hatte es in frühester Kindheit etwas besser als diese, weil ich die ersten schlimmen Jahre der Nachkriegszeit nicht erleben musste. Aus Erzählungen meiner Mutter weiß ich, dass sie mehrmals zu Fuß von Wiebelskirchen in Richtung Kusel unterwegs war, um Lebensmittel für uns Kinder zu „hamstern“ – das war damals der Ausdruck für das Betteln. 2-3 Tage brauchte sie dafür. Sie erzählte, einmal hätten einige Franken gefehlt, um Brot zu kaufen. Sie habe mit Gott gehadert. Doch als sie später die Küche ausfegte, sei unter dem Küchenschrank die fehlende Münze zum Vorschein gekommen. In dieser notvollen Zeit ließ niemand achtlos 20 Franken auf den Boden fallen! So habe sie auf den Knien Gott um Vergebung gebeten für ihren Kleinglauben.

Mutter ging damals in keine Gemeinde oder Kirche. Sie lebte uns eine stille Frömmigkeit im Alltag vor. Vater hat kaum über Gott und Jesus geredet. Er hatte eine Anstellung bei einem Bauunternehmer. Sonntags, wenn er nicht arbeiten musste, war er der Koch der Familie. Auch fertigte er wunderschöne, leckere Torten an. Ich durfte unter liebevollen Eltern heranwachsen, und auch meine Geschwister achteten auf mich als den Jüngsten.

In der Volksschule – so hieß sie damals – drückte ich bis zur neunten Klasse die Schulbank. Im Religionsunterricht benutzten wir das Buch „Schild des Glaubens“. Das Thema Jesus hatte es mir damals schon angetan. Danach, mit fünfzehn, begann ich in einem kleinen Betrieb eine Lehre als Bauschlosser. Einmal montierten wir ein Geländer an der Mühle „Blum“ in Wiebelskirchen. Auf der gegenüber liegenden Blies-Seite war eine wunderschöne Wiese mit Obstbäumen und dahinter liegendem Garten zu sehen. „Ein schönes Fleckchen Erde“, dachte ich mir. Da wusste ich noch nicht, dass kommen sollte, was ich nie erträumte.

Zur Feier ihres 18. Geburtstages lud mich 1969 ein Nachbarmädchen zum Grillen ein. Inge, ihre beste Freundin, die ich aus der Schule kannte, war ebenfalls geladen. Als Inge gegen Abend kalte Füße bekam (nicht wegen mir!), holte ich ihr ein Paar meiner besten Frottee-Socken. Das war der Anfang unserer Beziehung. Wir trafen uns nun öfter. Es entstand eine engere Freundschaft. Da ich gerne öfter mit Inge zusammen sein wollte, nahm ich ihr Angebot an, mit ihr zum Sonntags-gottesdienst und zur Jugendstunde zu gehen. Mein Interesse galt allerdings nicht der Gemeinde, sondern nur Inge. Doch dann überraschte mich dort die herzliche Atmosphäre und das Willkommensein. Das löste in mir etwas aus, das ich noch nicht klar einordnen konnte. Gott arbeitete an mir.

Meine Verbindung zu Inge wurde fester. Als sie mich dann das erste Mal mit nach Hause nahm, stellte ich erstaunt fest, dass zu ihrem Elternhaus meine “Traumwiese“ gehörte. Aus Freundschaft wurde Liebe. Unter dem Toreingang unseres damaligen Gemeindehauses in der Steinbachstraße steckten wir uns schließlich die Verlobungsringe an die Finger.

Dann ereignete sich im April 1970 etwas Bedrückendes: Für eineinhalb Jahre musste ich zur Bundeswehr. Zeitweilig drei bis vier Wochen Inge nicht zu sehen, war für mich die bis dahin schlimmste Zeit. Da ich seit 1968 eine ungeliebte Arbeit auf der Hütte hatte, wollte ich außerdem mir eine bessere Arbeitsstelle suchen. Zu meinem Erstaunen bekam ich tatsächlich drei Tage Sonderurlaub für eine Bewerbung. Das war für diesen Zweck eigentlich nicht genehmigungsfähig, denn ich hatte ja einen Arbeitsplatz gehabt. Endlich, am 30.09.1971, wurde ich Reservist und damit ein freier Mann. Am darauffolgenden Oktober feierten Inge und ich unsere Hochzeit.

Nach einer Zeltevangelisation auf dem Eisweiher wurde in der Saarlandhalle in Saarbrücken eine Abschlussveranstaltung durchgeführt. An diesem Tag entschied ich mich endgültig für Jesus. Achilles Buchhorn und sein Sohn Lothar übernahmen die Nachbesuche bei uns zu Hause. Sie waren froh, uns in einer Gemeinde aufgehoben zu wissen.

Im März 1972 kam unsere ersehnte, erste Tochter Birgit zur Welt. Inzwischen arbeitete ich als Kranschlosser im Eisenwerk. Meine Arbeit hoch auf einem Kran war gefährlich. Gott bewahrte mich damals vor einem schlimmen Unfall: Als ein Kranfahrer unverhofft losfuhr, während ich mich oben befand, konnte ich mich gerade noch über einen Antriebsmotor werfen, so dass ich mir an einem dicht über mir befindlichen Dachträger nur Quetschungen und blutige Striemen zuzog.

Während der ersten Entlassungswelle im Eisenwerk im Jahr 1976 traf es mich als Jüngsten in unserer Werkstatt. Dazu war Inge schwanger mit Bettina, die im Dezember geboren wurde. Nach zwei Monaten der Arbeitslosigkeit konnte ich bei der Fa. Eberspächer als Schweißer wieder arbeiten. Häufig kam ich mit Verbrennungen und „verblitzten“ Augen nach Hause. Deshalb sah ich mich nach einer anderen Stelle um. Mit Hilfe eines Freundes bekam ich bei der Fa. Tschan einen neuen Arbeitsplatz. Ich hatte dort an einer Maschine zu arbeiten, die man unter den Kollegen wegen ihrer schweren Handhabung „Knochenmühle“ nannte. Ich war damals schon zu 30% erwerbsgemindert. Die Arbeit war mir einfach zu schwer. Ich konnte und wollte sie nicht weiter ausführen. Freudig überrascht war ich, dass ich an einer anderen „leichteren“ Maschine weiterarbeiten durfte.

Zirka 10 Jahre später standen wieder Entlassungen an. Man deutete an, dass ich dabei sei. Nach dem Bescheid am frühen Morgen redete ich mit Gott, er möge meine Familie und mich auch in der Arbeits-losigkeit weiterhin mit dem Nötigsten versorgen, erledigte meine Arbeit aber weiter. Zwei, drei Stunden später kam unser Betriebsratsvorsitzender zu mir und sagte: „Günter, vergiss die Kündigung, sie wurde nie ausgesprochen“. Unser Herr hat wiederum seine bewahrende Hand über meine Familie und mich gehalten. Ich bin froh, dass ich trotz Wechselschicht, trotz Umbau am Haus, trotz Hilfe in Gemeinde und Nachbarschaft mir immer viel Zeit für unsere Töchter genommen habe. Ich staune, dass ich über Jahre hinweg mit fünf Stunden Schlaf täglich ausgekommen bin.

Da unsere alte Gemeinde geschlossen werden musste, kamen Inge und ich 1996/1997 in die Stadtmission Neunkirchen. In große Gefahr kam ich, als ich 2009 mit einer doppelseitigen Lungenembolie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Ich bekam kaum noch Luft, mein Herz war vergrößert. Nach menschlichen Maßstäben war abzusehen, dass ich nicht überleben würde. Ich verabschiedete mich von Inge. Aber Gott erhörte die Gebete von ihr, unseren Kindern und meinen Glaubens-geschwistern und rettete mein Leben.

Seit 2014 bin ich nun nach 49 Arbeitsjahren in Rente und kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken. Gott hat mich noch mit zwei guten Schwiegersöhnen und zwei lieben Enkelkindern beschenkt. Ich bin froh, eine geistliche Heimat in einer Gemeinde gefunden zu haben. Ein Leben ohne Gott kann ich mir nicht vorstellen.

Lob und Dank sei ihm